Liebes Tagebuch,

Nein! Völlig falscher Ansatz. Darf ich nochmal anfangen?

Einen wundervollen, guten Morgen liebe Gemeinde, deren Gunst ich begehre.

Mangels einer erfüllenden Sonntag-Morgen-Aktivität (man möge mich nicht schon allein deswegen als Außenseiter abstempeln - genug Gründe, dies mit Recht zu tun, folgen) bin ich über mein Lieblings-Hass-Medium Facebook (für Euch: leider) hier gelandet. Gut, ein paar Seiten mit leicht bekleideten, aber keinesfalls frauenverachtenden Internetpräsenzen lagen auch dazwischen, die seien aber hier zwecks positiver Meinungsbildung Eurerseits unerwähnt.

Aber was will ich hier? Längere Zeit (15 Minuten) verbrachte ich (gefühlte 3 Stunden)zunächst mit dem Studium der geistigen Ausdünstungen diverser Blogger dieses Portals. Alles dabei: von Meistern der Selbstdarstellung über Menschen, die Bedienungsanleitungen von Staubsaugern auf Rechtschreibfehler überprüften bis hin zu depressiven Feingeistern, die der restlichen Community verzweifelt klar machen wollen, wie sinnfrei unser Streben nach persönlichem Glück ist.

Gott sei Dank (man verzeihe mir diese und auch zukünftige blasphemische Äußerungen) poppte just in diesem, mittlerweile sehr an der Sinnhaftigkeit des Bloggens zweifelnden, Moment ein SPAM-Fenster auf und präsentierte mir die schöne Magdalena, die, wie sie mir in einem sehr angenehmen Akzent mitteilte, gerne mit mir Videochatten würde. Meine Willensbildung äußerte sich schnell in einem gezielten Klick auf "GO", wurde jedoch durch die Aufforderung zur Eingabe meiner Kreditkartendaten im nächsten Fenster jäh revidiert. Dieses kurze Intermezzo mit der Ost - europäischen (wohl eher west-asiatischen) Schönheit hatte allerdings den positiven Nebeneffekt, dass sich meine Stimmung nach der Staubsauger-Geschichte wieder besserte und ich den Entschluss fasste, bei diesem Zweckverband ungehörter Menschen mitzumischen.

Nach erfolgreicher Registrierung fehlte nur noch ein eher nebensächliches Puzzleteil zum erfolgreichen Lesermagneten: das Thema des Blogs. Hm, wer braucht schon ein Thema dachte ich zunächst. Themen sind nur dazu da, um davon ab zu kommen. Doch nachdem ich meine erste Rezension über Kultur und Mißverstandenheit des Oberlippenbartes frustriert wieder gelöscht hatte, ging ich die Sache anders an. Mit einer Frage: Wie erreicht man Aufmerksamkeit? Folgende Checkliste ist das Resultat meiner intensiven fünfminütigen Recherche:

1. einfache Sätze (der gemeine kurzweilig interessierte Leser klickt angesichts der Flut an Mitteilungsbedürftigen lieber zum nächsten Patienten weiter, als sich durch einen vor Kommata und Füllwörtern nur so strotzenden Schachtelsatz zu quälen)

2. wenig Fremdwörter (die Masse [und ich stelle euch frei, euch darunter zu subsumieren] legt Wert auf einfach verständliche Texte, deren Genuss nicht durch paralleles Bemühen des Online-Brockhaus unterbrochen wird)

3. Alltagsthemen wählen (der Mensch ist ein Herdentier, welches sich wohl fühlt, wenn Andere ähnliche Probleme [ober besser noch: schlimmere] haben als sie selbst. Selbstidentifikation mit der vorgetragenen Geschichte sollte erzielt werden.)

Meine bisherigen Blogversuche resumierend, stelle ich fest, dass ich bisher wohl als ein Totalausfall dastehe. 6, setzen.

Die Ausrede, dass ich es ja versucht hätte, kann ich mir in dieser leistungsorientierten Gesellschaft getrost sparen. In der Zeit, in der ich hier diese (ich nenn' es mal leicht geschönt) wissenschaftlich fundierte, knallhart recherchierte und unbestritten überragende Dissertation verfasst habe, haben bestimmt diverse Dutzend anderer Autoren etwas viel Sinnvolleres zusammengeklöppelt. Frustrierend. Aber so ungern Ihr es hört: Ich werde es wohl weiter versuchen. Es macht nämlich einen unheimlichen Spaß, seinen gesamten geistigen Unrat hier zu entsorgen und somit die Menschen die man liebt mit einem "reineren" ICH zu verwöhnen.

Angenehmen Morgen noch, ich muss erstmal meine Kreditkarte suchen...

Seb